Behringstraße

Behringstraße 121 – Architektur zwischen zwei Welten

Ein schwieriges Grundstück, zwei gegensätzliche Straßenräume und eine Vielzahl divergierender Anforderungen: Im Spannungsfeld zwischen Magistrale und Quartiersstraße entwickelt LRW ein Wohnhaus, das Wirtschaftlichkeit, Wohnqualität und Nachhaltigkeit zukunftsweisend zusammenbringt.

Key Info

Projektstart

2021

Fertigstellung

2022

Kategorie

Wohnen, Wettbewerbe

Status

Bebauungsstudie

Größe

BGF 8.050 m2 / 71 Wohnungen

Standort

Behringstraße 121, Hamburg

Behringstraße

Die Behringstraße 121 steht exemplarisch für die Herausforderungen der urbanen Nachverdichtung: lärmbelastet, infrastrukturell komplex, städtebaulich uneinheitlich. Gleichzeitig bietet sie großes Potenzial für die Entwicklung dringend benötigten Wohnraums. LRW reagiert mit einem Entwurf, der Gegensätze nicht negiert, sondern produktiv macht – architektonisch wie funktional.

Im Norden pulsiert die Behringstraße mit ihrer hohen Verkehrsfrequenz und heterogenen Bebauung. Richtung Osten liegt der ruhigere Schwengelkamp, der in Zukunft durch Kleingärten, neue Schulbauten und Grünräume aufgewertet wird. Dieser Entwurf aus der Bebauungsstudie verbindet beide Seiten mit einem ausdifferenzierten Fassadenkonzept, einem geschützten Innenhof und einem Erschließungssystem, das Technik reduziert und Wohnraum maximiert.

Lage als Widerstand

Die lärmintensive Behringstraße verlangte nach einer intelligenten Reaktion: Alle Wohnungen sind als Durchwohner konzipiert oder vollständig zur lärmabgewandten Seite orientiert. Eine besondere Rolle spielen die zur Straße hin auskragenden Erker – sie ermöglichen ruhige Belichtung und Belüftung an den Erkerstirnseiten und verbessern so die Aufenthaltsqualität auch zur lauten Seite.

Raum als Ressource

Das Grundstück wurde flächeneffizient genutzt, ohne an Lebensqualität zu sparen. Vier kompakte, außenliegende Treppenhäuser ermöglichen kurze Wege, vermeiden aufwändige Technikräume im Inneren und lassen die gesamte Gebäudetiefe für Wohnnutzung frei. Die Gebäudegeometrie schafft durch Aufweitungen und Staffelgeschosse eine maximale Belichtung des zentralen Innenhofs – das grüne Herz des Ensembles.

Wohnkomfort trotz Dichte

Der ruhige, begrünte Innenhof bietet Rückzugsräume und fördert nachbarschaftliches Leben. Die Wohnungen selbst bieten großzügige Freisitze – in Form von Halbloggien zum Schwengelkamp und Balkonen zum Innenhof – sowie eine hohe Belichtungsqualität durch schräge Dachflächen und bodentiefe Fenster.

Behringstraße
Behringstraße

Reduktion als Prinzip

Im Sinne des „Hamburg Standards“ verzichtet das Gebäude weitgehend auf komplexe technische Systeme. Die außenliegenden Sicherheitstreppenhäuser erfüllen die baulichen Anforderungen an Rettungswege, ohne dass auf Flure oder Feuerwehraufstellflächen im Innenbereich zurückgegriffen werden muss. Das Ergebnis: weniger Technik, geringere Betriebskosten und mehr Raum für das Wesentliche – das Wohnen.

Integration durch Gliederung

Die Nordfassade zur Behringstraße übernimmt mit kräftigem, rotbraunem Klinker und plastisch ausgebildeten Erkern Motive der benachbarten Wohnbauten der Vor- und Nachkriegszeit. Eine klare Gliederung in Sockel, Mittelzone und Dach sorgt für Maßstäblichkeit und städtebauliche Einbindung.

Öffnung durch Differenzierung

Zur ruhigeren Seite des Schwengelkamps orientiert sich das Gebäude mit großflächigen Freisitzen, moderater Viergeschossigkeit und adressbildenden Eingängen. Die Materialität bleibt verwandt, der Ausdruck wird wohnlicher, durchlässiger und stärker auf die zukünftige Quartiersstraße bezogen.

Verbindendes Fassadenkonzept

Das Fassadenbild reflektiert bewusst die doppelte Ausrichtung des Gebäudes:

Zur Behringstraße hin vermittelt ein kräftiger, rotbrauner Klinker mit plastisch hervortretenden Erkern und klarer Gliederung städtische Robustheit und Maßstäblichkeit. Hier wird das Motiv der klassischen Hamburger Straßenfassade neu interpretiert – als Antwort auf Lärm, Frequenz und architektonische Heterogenität.

Zur ruhigeren Seite des Schwengelkamps zeigt sich das Gebäude offener und wohnlicher: mit Halbloggien, großzügigen Öffnungen und einer zurückhaltenden Höhenentwicklung.

Im Innenhof hellen helle Putzoberflächen die Atmosphäre auf und schaffen ein freundliches, geschütztes Wohnumfeld.

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Kilian Jonak

Kilian Jonak

Komplexe Anforderungen sind kein Hindernis, sondern immer der Ausgangspunkt.

Schemagrundriss Wohnungsmix
Schemagrundriss Wohnungsmix
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Schemagrundriss Wohnungsmix

Schemagrundriss Wohnungsmix

Flexible Grundrisse

Der Wohnungsmix umfasst 1- bis 5-Zimmer-Wohnungen, die sowohl öffentlich gefördert als auch freifinanziert realisiert werden – zur Miete oder im Eigentum. Alle Grundrisse folgen dem Prinzip der funktionalen Klarheit und Flexibilität: Räume sind effizient geschnitten, gut belichtet und so angeordnet, dass sie sich an unterschiedliche Lebenssituationen anpassen lassen. Ob Homeoffice, Familienzuwachs oder gemeinschaftliches Wohnen – die Wohnflächen sind robust, wandelbar und zukunftsoffen gedacht. Eine einfache Teilbarkeit und klare Erschließungskerne ermöglichen darüber hinaus auch langfristige Umnutzungen innerhalb des Gebäudes.

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